Bei der Wanderfahrt von London nach Oxford vom 7. bis 16. August 2015
Du willst auf der Themse von London nach Oxford rudern ? Wou! Das bekam ich regelmäßig als Antwort. Ja, ich war richtig scharf darauf.
Wie macht man das? Man schließt sich dem DD-Fanclub an und dann klappt das. Offizielle Veranstalter der Wanderfahrt waren der Ludwigshafener Ruderverein(LRV)und die Rudergesellschaft Speyer(RGS), letztere stellte das Kirchboot. Die Kernmannschaft kam von den beiden Vereinen und dazu gesellte sich eine internationale Truppe aus Frankreich, Belgien, Italien und verschiedenen deutschen Vereinen.
Hier die Liste der Teilnehmer in alphabetischer Reihenfolge:
Hans Astheimer (Breisacher RV), Nathalie Cernicchiaro ( Aviron Club Villennes Poissy), Dieter Daut (RGS), Detlef Döhnert= DD (LRV), Reinhold Eppel(LRV/RGS)), Suzanne Fastre (Club Nautique Visé), René Ferrand (Aviron Club de Lyon Caluire), Stefan Heiser (LRV), Detlev Jantz (LRV), Franziska Küenzelen(RGS), Emanuel Masson (SNUB aus Belgien), Vincenzo Prato (RG Heidelberg), Helmut Schaaff (RV Breisach), Wolfgang Slowak (RG Koblenz), Beate Wettling (RGS) und Dieter Schulz (RV Frankenthal).
Und so sahen sie aus…
Der Verlauf
7. Aug |
Anreise von LU mit Bus sonst mit Zug oder Flieger |
8. Aug |
Sightseeing in London; Übernahme des Kirchboots von der Ruderriege ETUF Essen |
9. Aug |
1. Rudertag durch London bis zur Schleuse Teddington; 39 km |
10. Aug |
2. Rudertag bis Staines-upon-Thames zurPenton Hook Marina;24 km |
11. Aug |
3. Rudertag vorbei an Egham, der Magna Charta Insel, über die uns Hans etwas erzählt hat, Windsor mit Windsor Castle, Eton und Maidenhead bis zum Cookham Reach Sailing Club; 37 km |
12. Aug |
4. Rudertag vorbei an Henley und bis zur Thames&Kennet Marina in Reading; 37 km |
13. Aug |
5. Rudertag vorbei an Reading und Wallingford bis zur Benson Waterfront; 37 km |
14. Aug |
6. Rudertag vorbei an Abington bis Oxford; 35 km |
Gesamtstrecke : 207 km |
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15. Aug |
Sightseeing in Oxford |
16. Aug |
Heimreise; Busse mit Kirchboot nach LU bzw. SP, sonst mit Zug bzw. Flieger |
Ein beispielhafter Verlauf eines Rudertags
7h | Wecken |
7:30h | Frühstück |
8:30h | Abfahrt |
9:30h | Ankunft am Boot;Bus zum Tagesziel fahren und Warten auf dessen Rückkehr |
11:45h | Anfang des Ruderns; gut 30 km , 5 Schleusen, Picknick |
18:30h | Ende des Ruderns |
19h | Essen am Tagesziel, gleichzeitig 2. Bus nachziehen |
20h | die Fahrer essen |
21h | Abfahrt zur Unterkunft |
22h | Ankunft in der Unterkunft, ab in die Kiste |
Das war ein anstrengendes Tagespensum. Die lange Warten auf die Busse ergab sich aus dem Fehlen eines Landdienstes.
Die Themse
Die Themse wandelt sich im Verlauf unserer Ruderstrecke von London nach Oxford vom großen Strom mit einem Gezeitenhub von 5 bis 6 Meter in einen Fluss wie die Lahn. Wir fuhren gegen den Strom. In der Realität am ersten Tag jedoch mit der Flutströmung, die bis zur Schleuse Teddington wirkt. Dahinter merkt man nichts mehr von den Gezeiten und wegen der dichten Folge der Schleusen ist die Gegenströmung vernachlässigbar.
Der Fluss war das eigentliche Ziel unserer Reise. Er nahm uns gefangen. Die Fahrt durch London war ein Höhepunkt zumal wir großes Glück mit dem Wetter hatten. Zudem hatten wir wegen der durch die Flut bedingten frühen Morgenstunde (vor 7h) den Fluss fast für uns allein. Wir passierten die City von London und Westminster, das Regierungsviertel und ließen alles auf uns wirken. Da stehen moderne Wolkenkratzer neben protzigen Bauten des Britischen Empires und historischeBauwerke aus der Anfangszeit der Normannen nach 1066, z.B.der Tower. Dazwischen das gigantische Riesenrad „London Eye“. Das Nebeneinander von Alt und Neu strotzt vor Kraft und wir zuckelten mit unseremNachkommen eines Wickingerschiffs mitten durch. Viel zu schnell war es vorbei.Danach ruderten wir mit Andacht über die 8779 Meter des „races“, des Achterrennens zwischen Oxford und Cambridge von der Putneybridge bis zur Chiswickbridge.
Langboote
Ab dem zweiten Rudertag war es eine andere Themse. Die Landschaft, durch die wir ruderten, glich oft einem englischen Garten. Herrliche Villen mit Park und englischem Rasen säumten das Ufer. Da wohnen keine armen Leute. Dann kamen endlose Reihen von Wochenendhäusern und ein Liegeplatz mit einem Freizeitkreuzer nach dem anderen. Die Marinen reihen sich wie die Perlen einerKette und in einer davon, in der wir stationierten, lagen ca. 400 Boote. Eine Besonderheit stellten die Langboote dar, mit denen früher Kohle transportiert wurde. Heute wohnen die Leute in diesen, oft weil sie sich die Mieten in den Städten nicht mehr leisten können.
Übrigens, auf der Themse fährt man rechts. Wer hätte das gedacht; England ist auch nicht mehr was es einmal war.
Es soll auch noch angemerkt werden, wie freundlich die Schleusenwärter waren. So etwas sind wir aus deutschen Landen nicht gewöhnt. Wir haben uns jedes Mal mit einem lauten Hipp-Hipp-Hurra bedankt, das mit Freude zur Kenntnis genommen wurde.
Das Rudern im Kirchboot
Na ja, rudern kann man es auch nennen, was wir gemacht haben. Bedingt durch die Dominanz einiger Rollstuhlflitzer stellte sich ein 20er Pendelschlag wie von selbst ein, der auf die Dauer auf die Substanz ging. Für eine Wanderfahrt zu schnell. Einige kombinierten das schnelle Rollen mit der Reduzierung des Wasserkontaktes ihrer Blätter. Der ohnehin kurze Schlag wurde weitgehend in der Luft ausgeführt, was dem Versuch gleichkommt, den Riemen als Propeller zu nutzen. Nun lässt sich leider in der Luft nicht viel Vortrieb erzeugen.
Die Salier bei der Ankunft am Cookham Reach Sailing Club
Immerhin erreicht das gutmütige Kirchboot doch fast 8 km/h, allerdings nur weil die Matrosen im Bug und sonst noch der eine oder andere kräftig gezogen haben; Stichwort: Kirchboot mit Bugantrieb. Immerhin, es ist auch eine sportliche Leistung an einem Tage 5000 mal mit dem Rollsitz vor und zurück zu rollen. Schwamm darüber, wir waren auf einer Wanderfahrt.Ein gutes Training für die Bauchmuskeln aller war das Riemen langnehmen, das bei der Einfahrt in die Schleusenkammern oder bei engen Begegnungen notwendig war.
Pilgerfahrt
Wenn man es genau nimmt, dann war unsere Wanderfahrt eine Pilgerfahrt zu den Ursprüngen unseres geliebten Sports. England ist die Wiege des Ruderns und die Themse allemal. Die Rennstrecke für das „race“ habe ich schon erwähnt. Dann war da noch Henley mit der Strecke für die Royal Regatta über die wir fuhren. Schließlich als Höhepunkt das Essen im Tempel des Leander Clubs in Henley. Wir waren schön rausgeputzt, wie sich das gehört und der Stolz strahlte uns von den Wänden an. Es gab ein gepflegtes Essen in vornehmem Rahmen und man sagte sich artige Worte. Das ist Stil!
So wie jeder Muslim einmal im Leben nach Mekka muss, so waren wir bei unserem Mekka, der Themse, in Henley usw.
Oxford
Der letzte Tag galt Oxford. Franziska, die ein Jahr in Oxford gelebt hatte, war uns eine sachkundige Führerin. Sie erklärte uns das System der Colleges und der Universität. Was ein College räumlich darstellt erfuhren wir indem wir fünf Nächte darin übernachteten und auch dort frühstückten. Gefrühstückt wurde in der „hall“ mit den Abmessungen eines Kirchenschiffs in einem neugotischen Klinkerstil. Mehrere Tischreihen waren der Länge nach aufgebaut, an denen ca. 500 Personen Platz nehmen können. Die Kulisse ist gewaltig.
Franziska führte uns auch durch die Stadt.Ein besonderer Höhepunkt dabei war die Besichtigung des „new college“. Wenn in England etwas mit „new“ bezeichnet wird, muss man damit rechnen, dass es mehrere hundert Jahre alt sein kann. So war es auch beim „new college“. Wieder waren „hall“ und „chaple“ überwältigend. Sie waren nicht protzig, eher schlicht in der Geometrie und dennoch reich in der Ausstattung. Das Leben in so einem Gebäude muss auf die Persönlichkeit wirken; immerhin wurde die Elite der Nation, die ein Empire aufgebaut hat,in solchen Räumen erzogen. Danke Franziska.
Wetter
Geprägt von dem alten Klischee, glaubten wir anfangs nicht in England zu sein, so schön war das Wetter. England kam aber am 4. und 5. Rudertag doch noch und wir bekamen ganz schön was ab. Wir haben es verkraftet.
Dank
Organisation und Durchführung dieser Wanderfahrt waren dieses Mal besonders schwierig. Einmal weil Wanderrudern in England kein Thema ist. Zum anderen weil es, mit der Ausnahme eines Halbtages, keinen Landdienst gab. Grund: zu geringe Teilnehmer und der ungewohnte Linksverkehr. So blieb die ganze Fahrerei an Detlef (DD), Reinhold und Detlev hängen und das war nicht wenig.Jeder Bus hat bei den ganzen Rangierfahrten ca. 700 km zurückgelegt.
Unser Dank gilt vor allen Detlef (DD); ohne seine Mühe, hätten wir das nicht erleben können.
Ein Fazit
Die Wanderfahrt war anstrengend. Sie war teuer, weil England teuer ist. Sie war dennoch ein Erlebnis, das ich nicht missen möchte.
Das war’s, was ich berichten wollte. Ich hoffe die Lektüre hat Euch die Wanderfahrt noch einmal erleben lassen.
Helmut